Mentale Gesundheit: Tabu oder Alltag?

Mentale Gesundheit - Interview mit Malte

Seit vier Jahren spricht Malte in seinem »Millennial Workshop« mit jungen Erwachsenen über die Herausforderungen der Millennials, den Umgang mit persönlichen Sinnkrisen und mentale Gesundheit. Im Interview berichtet er über seinen Alltag mit der Depression und seine Bemühungen, das Thema aus der Tabuzone zu holen.

Mit dem »Millennial Workshop« hast du dir laut eigener Aussage einen langjährigen Wunsch erfüllt. Wie kam es zu der Entscheidung?

Ich habe schon früh erkannt, dass aus mir kein klassischer BWLer im Angestelltenverhältnis wird. Ich wollte selbstständig sein, meine eigenen Ideen umsetzen und vor allem einen tieferen Sinn in meiner Arbeit sehen. Ich wollte mit Menschen arbeiten. Deshalb bin ich beim Coaching gelandet. Zunächst im Life Coaching mit Schwerpunkt auf mentale Gesundheit. Die Seminare und Fortbildungen wurden mir dann allerdings zu spirituell und waren mir oftmals zu weit weg von meiner Generation. Also habe ich mit dem Millennial Workshop mein eigenes Konzept auf die Beine gestellt. Mir war es wichtig, etwas anzubieten, mit dem ich die Ansätze der Persönlichkeitsentwicklung alltagstauglich vermitteln kann. Auch für Menschen, die nicht spirituell sind. Ich arbeite nebenbei zwar weiter im klassischen Coaching, um mein Geld zu verdienen. Der Workshop ist für mich aber dennoch ein absolutes Herzensprojekt.

Wie kann man sich deinen Millennial Workshop vorstellen?

Im Grunde ist es eine interaktive, kleine Gruppe – meistens nicht mehr als zehn Leute. Wir sprechen über die Besonderheiten von uns Millennials, über unsere Lebensrealitäten und über die Bedingungen, unter denen wir als Generation in Deutschland aufgewachsen sind. Ich versuche daraus dann herzuleiten, wie sich das auf unsere Erwartungen ans Leben auswirkt. Dabei lasse ich immer wieder Ansätze der Persönlichkeitsentwicklung und meine eigenen Erfahrungen mit einfließen und versuche so, den Teilnehmenden etwas für die praktische Umsetzung in ihrem Alltag mitgeben zu können.

Welche Probleme bringen die Millennials mit in deinen Kurs?

Das ist natürlich sehr individuell. Aber es ist schon auffällig, dass sich viele der Alltagsprobleme unter dem Bereich der Selbstoptimierung zusammenfassen lassen. Alle Teilnehmenden sind in irgendeiner Weise auf der Suche: Nach einer Beziehung, nach dem erfüllenden Job, nach dem nächsten Karrieresprung oder einfach nur nach sich selbst oder nach Möglichkeiten, die mentale Gesundheit zu stärken.

Apropos mentale Gesundheit – wie weit sind wir da in Deutschland?

Mentale Gesundheit ist weiterhin ein Tabu. Das ist zumindest mein Eindruck. In meinen Augen fehlt es noch an Aufklärung und Akzeptanz in der Breite der Gesellschaft.

Wie kommst du zu dem Schluss?

Ich selbst leide seit einigen Jahren an Depressionen, die ich mal mehr und mal weniger im Griff habe. Auf der einen Seite treffe ich immer wieder auf Menschen, die sich nicht ansatzweise vorstellen können, was für ein Leid Menschen mit psychischen Erkrankungen durchleben. Mit welchen Anstrengungen sie durch jeden einzelnen Tag gehen müssen. Auf der anderen Seite werden solche Erkrankungen in weiten Teilen noch immer als Schwäche verstanden und das macht es für Betroffene umso schwerer, offen damit umzugehen.

Aber es gibt doch immer mehr Menschen – darunter viele Promis – die sich zu ihrer mentalen Gesundheit äußern. Ist das nicht ein gutes Zeichen?

Natürlich hat sich in den letzten Jahren viel getan und psychische Erkrankungen bekommen mehr und mehr die Aufmerksamkeit, die sie benötigen. Es ist gut und wichtig, dass sich prominente Persönlichkeiten zu ihren Angststörungen, Panikattacken und Depressionen äußern. Aber es sind eben auch prominente Persönlichkeit, die sich dazu äußern. Diese Menschen leiden genauso sehr wie jeder andere – keine Frage. Aber sie haben alle auch eine breite Fanbase hinter sich und die besten finanziellen Möglichkeiten, um eine Therapie oder Behandlung auf sich zu nehmen. Nicht selten wird die angeschlagene mentale Gesundheit ja sogar auch als Marketinginstrument verwendet.

Eine ausreichende Akzeptanz in der Gesellschaft gibt es meiner Meinung nach erst, wenn mentale Gesundheit am Arbeitsplatz, in der Uni, beim Familienessen und beim Feierabendbier angekommen ist. Wenn normale Menschen wie du und ich keine anderen Krankheiten vorschieben müssen, um zu erklären, wieso es ihnen heute nicht so gut geht.

Wie genau kann das gelingen?

Das kann ich als einfache Privatperson mit Sicherheit nicht beantworten. Ich glaube aber, es wäre schon viel geholfen, wenn dem Thema mit weniger Schwere begegnet werden könnte. Einfach gesagt, handelt es sich im Endeffekt ja nur um eine neuronale Fehlfunktion. Von einem bestimmten Botenstoff wie z.B. Serotonin wird zu viel oder zu wenig produziert. Dafür sollte sich niemand schämen müssen.
In meinem Workshop ziehe ich dafür gerne das Beispiel der Migräne hinzu. Auch hier ist ein Teil der Ursache eine verstärke Ausschüttung von Serotonin. Migräne ist jedoch in der Gesellschaft angekommen. Es wird offen darüber gesprochen und die Betroffenen schämen sich in der Regel nicht für ihre Kopfschmerzen. Ich würde mir wünschen, dass wir auch mit psychischen Erkrankungen an diesen Punkt gelangen.

Deshalb liegt auch ein besonderer Fokus deines Workshops auf der mentalen Gesundheit?

Ja. Ich versuche, so gut es geht, meinen Beitrag zur Enttabuisierung zu liefern. Unsere Psyche hat eine immense Power und ohne sie sind wir im Grunde aufgeschmissen. Das versuche ich meinen Teilnehmenden anhand einiger Alltagsbeispiele oder Studien zu zeigen.

Sprichst du im Workshop offen über deine mentale Gesundheit?

Das kommt darauf an. Wenn es thematisch passt und dem Kurs einen Mehrwehrt gibt, gehe ich auch auf meine Depressionen ein. Ansonsten stelle ich lieber die Belange meiner Teilnehmenden in den Vordergrund und gebe ihnen meine Erkenntnisse aus dem Coaching weiter.

Und wie sieht es privat aus?

Mit meiner Frau spreche ich quasi täglich über meine mentale Gesundheit. In regelmäßigen Abständen haben wir auch unsere eigene kleine Therapiesitzung zu zweit. Damit stärken wir unsere Beziehung ungemein. Meine engen Freunde und meine Mutter wissen allerdings auch alle Bescheid.

Wirst du neben deiner Frau auch professionell psychotherapeutisch begleitet?

Ja, ich bin mittlerweile seit fünf Jahren in Therapie, wobei sich das Intervall in den letzten drei Jahren deutlich reduziert hat. Seitdem ich mit meiner Frau verheiratet bin, ist vieles in meinem Leben unbeschwerter geworden. Wenn auch nicht alles (lacht).

Wie gelingt es dir, deine mentale Gesundheit zu stärken?

Ich meditiere viel und treibe oft Sport. Zusammen mit den Gesprächen mit meiner Frau sind das die zentralen Anker für mich, um mental stabil zu bleiben. Dennoch können immer wieder Ereignisse auftreten, die zu neuen Schüben führen. Deshalb versuche ich vor allem auch, die unbeschwerten Momente in meinem Leben zu genießen.

Zum Schluss noch eine letzte Frage zum anstehenden Workshop. Was erhoffst du dir von der neuen Runde?

Ich bin gespannt, was die Teilnehmenden für Geschichten mitbringen. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit ihnen ein paar inspirierende Stunden zusammen zu verbringen und meinen Beitrag dazu zu leisten, dass ihre mentale Gesundheit für sie in Zukunft kein Tabu mehr sein wird.  

Bild von Markus Gammersbach

Markus Gammersbach

Self-Publishing-Autor von Romanen für persönliches Wachstum.

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