Berufliche Erfüllung finden: Braucht es das überhaupt?

Berufliche Erfüllung finden - Interview mit Elias

Wie wichtig ist es den Millennials, berufliche Erfüllung zu finden? Elias aus Köln hat dazu eine klare Meinung. Nach Jahren in der beruflichen Bedeutungslosigkeit will er endlich eine Tätigkeit ausüben, die ihm Sinn und Spaß bereitet. Im Interview verrät er, was berufliche Erfüllung für ihn bedeutet und wieso er sich zu einem Workshop für Millennials angemeldet hat.

Schön, dass du Zeit gefunden hast. Warum ist dir berufliche Erfüllung so wichtig?

Für mich muss ein Job aber mehr bieten als nur Geld. Das Gehalt ist wichtig und gibt finanzielle Sicherheit, aber ich verbringe im Schnitt acht Stunden pro Tag mit meiner beruflichen Tätigkeit. In diesen acht Stunden möchte ich nicht nur Dienst nach Fortschritt. Ich möchte wachsen und mich sowohl persönlich als auch fachlich weiterentwickeln.

Es gibt Stimmen, die behaupten, berufliche Erfüllung sei eine Illusion der Millennials?

Ich glaube, dass gerade in meiner Generation viele Menschen nach Erfüllung im Job streben. Wir wurden vor Jahren mal als die Generation Why getauft und genau deshalb hinterfragen wir auch, ob wir wirklich acht Stunden am Tag einer Tätigkeit nachgehen sollten, die uns langweilt, stresst oder einfach nicht erfüllt. Ich würde es nicht als Illusion bezeichnen, weil ich fest daran glaube, dass es berufliche Erfüllung gibt. Aber die Tatsache, dass viele Menschen – mich eingeschlossen – auch nach Jahren noch auf der Suche nach beruflicher Erfüllung sind, lässt auch mich manchmal daran zweifeln, ob jeder Mensch diese Erfüllung finden kann.

Hattest du schon immer den Drang, Erfüllung im Beruf finden zu wollen?

Nein. Als ich nach dem Bachelorstudium angefangen habe, als Customer Service Expert bei einem Handelsunternehmen zu arbeiten, war ich in erster Linie froh und stolz darauf, meine eigene Karriere beginnen zu können. Ich weiß noch genau, wie ich an meinem ersten Arbeitstag ins Büro gekommen bin und voller Euphorie war. Endlich verdiente ich mein eigenes Geld und hatte den Alltag eines echten Erwachsenen. Für berufliche Erfüllung war damals noch kein Platz in meinen Überlegungen.

Mittlerweile hat sich das geändert. Wie ist es dazu gekommen?

Ich hatte weiterhin Spaß an meiner Arbeit, aber der Alltag im Arbeitsleben hat sehr schnell das Besondere verloren. Irgendwann war ich einer von vielen, die montags um 8:00 Uhr zur Arbeit gingen und freitags um 15:00 Uhr die Arbeitswoche beendete. Ich habe die Arbeit mit meinem Team sehr genossen und mich immer gut mit meinen Kolleginnen und Kollegen verstanden. Aber viele davon waren voll und ganz in ihrer negativen Haltung dem Job gegenüber gefangen. Sie dachten montags schon an Freitag, morgens schon an den Feierabend und freuten sich mittwochs über das Bergfest. Die Arbeit war für sie etwas Anstrengendes, ein Mittel zum Zweck. Davon habe ich mich dann wohl anstecken lassen.

Woran machst du das fest?

Ich habe mich in mein eigenes Hamsterrad gesetzt und bin losgerollt. Plötzlich habe ich angefangen, die Stunden bis zum Feierabend oder dem Wochenende zu zählen, und mich aktiv an Gesprächen über das Bergfest am Mittwoch beteiligt. Ich wurde wie von selbst in diese negative Kultur eingesogen.

Wie hat sich daraus dann der Wunsch nach beruflicher Erfüllung entwickelt?

Ich habe mehr und mehr realisiert, dass diese Art des Arbeitens für mich kein langfristiges Modell ist und mir keine berufliche Erfüllung geben wird. Diese negative Energie hat sich auf meine Motivation gelegt. Als ich im März 2020 dann gezwungen war, im Homeoffice zu arbeiten, ist der Kontakt zu meinem Team von Tag zu Tag geringer geworden. Auf einmal saß ich allein an meinem Wohnzimmertisch und habe gemerkt, wie stumpf und langweilig mein Arbeitsalltag doch ohne echten Kontakt zu meinem Team ist. Ich musste feststellen, dass die Tätigkeit im Customer Service mir keine Erfüllung gebracht hat.

Wie genau definierst du denn eigentlich berufliche Erfüllung?

Zum einen, wie eben angesprochen, durch eine Tätigkeit, an der ich wachse. Die mir dabei hilft, mich als Mensch zu entwickeln und eine starke Persönlichkeit zu formen. Berufliche Erfüllung heißt für mich aber auch, dass ich nicht schon abends mit Bauchschmerzen ins Bett gehe, weil ich am nächsten Tag arbeiten muss. Genauso wenig möchte ich morgens meinen Laptop hochfahren und schon die Stunden bis zum Feierabend zählen. Ich möchte meine Aufgaben mit Spaß erledigen, meine eigenen Ideen einbringen können und diese acht Stunden am Tag sinnvoll nutzen.

Warum kündigst du nicht einfach, um die berufliche Erfüllung in einem anderen Job zu finden?

Daran habe ich schon ein paar Mal gedacht. Allerdings weiß ich aktuell nicht einmal, welcher Tätigkeit ich eigentlich nachgehen möchte, um Erfüllung im Beruf zu erlangen. Ohne diese Erkenntnis möchte ich auch nicht einfach irgendwo einen anderen Bürojob anfangen, der nachher noch weniger erfüllend ist als meine jetzige Tätigkeit.

Verständlich. Wäre die Selbstständigkeit langfristig ein Weg zur beruflichen Erfüllung?

Das kann gut sein. Ich glaube, für den Schritt in die Selbstständigkeit – egal ob Künstler, Handwerk oder etwas anderes – braucht es eine besondere Verbundenheit mit der eigenen Tätigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei auch um berufliche Erfüllung handelt, ist daher schon einmal deutlich größer. 

Aber für dich kommt das aktuell nicht in Frage?

Ich träume oft von einem Leben in der Selbstständigkeit ohne Vorgesetzte und starre Firmenstrukturen. Aber leider verhält es sich hier wie mit meine Bewerbungen. Stand jetzt wüsste ich überhaupt nicht, womit ich eigentlich in die Selbstständigkeit gehen sollte.

Viele Menschen finden ihre Erfüllung in einem Hobby. Wie sieht es da bei dir aus?

Das ist ein schwieriges Thema. Ich habe früher mit einem Schulfreund gemeinsam Musik aufgenommen. Das hat mir großen Spaß bereitet. Aber wie so oft haben wir im schnelllebigen Alltag keine Zeit mehr dafür gefunden. Mittlerweile ist es über zehn Jahre her, dass wir das letzte Mal gemeinsam musiziert haben.

Womit vertreibst du dir dann stattdessen die Zeit nach dem Feierabend?

Ich treffe Freunde, gehe zum Sport oder zocke ein wenig an der Konsole. Ich muss allerdings auch gestehen, dass ich die ein oder andere Stunde in der Woche auf Instagram, TikTok und YouTube versacke. Da bin ich selbst überhaupt nicht stolz drauf und ich weiß, dass ich diese Zeit deutlich sinnvoller mit einem Hobby füllen könnte. Aber nach einem Arbeitstag in einem eintönigen Bürojob möchte ich mich manchmal einfach berieseln lassen.

Wäre nicht genau dann ein Hobby der ideale Ausgleich zu einem eintönigen Job?

Doch, natürlich. Ich würde am liebsten auch sofort meine Screentime reduzieren. Aber irgendwie schaffe ich es nicht. Genau deshalb habe ich mich für den Millennial Workshop angemeldet. 

Gutes Stichwort. Was hat dich noch dazu gebracht, am Millennial Workshop teilzunehmen?

Ich finde das Konzept total spannend. Ein paar Menschen in meinem Alter in einem Raum, die zusammen über die Besonderheiten und Herausforderungen ihrer Generation sprechen. Ich bin mir sicher, dass auch das Thema berufliche Erfüllung seinen Platz finden wird. Genau deshalb erhoffe ich mir von dem Kurs neue Anreize, die mir auf meinem Weg helfen werden.

Wenn du im Workshop die richtigen Impulse sammelst, wie sieht dann dein Plan für das nächste Jahr aus?

Ich hoffe, dass mich der Kurs dazu ermutigt, meinen nächsten Schritt zu gehen. Wie der aussieht, kann ich aktuell noch nicht sagen. Vielleicht ein neues Hobby, vielleicht ein neuer Job oder vielleicht auch erste Versuche in der Selbstständigkeit. Ich freue mich auf jeden Fall auf den Workshop und bin gespannt, was ich darin lernen werde.

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Markus Gammersbach

Self-Publishing-Autor von Romanen für persönliches Wachstum.

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